Bruce McForester
 


Fortsetzungsgrimmi

Prolog

O Ihr Menschen aufgepasst! Veränderung ist Illusion! Wir alle sind Idioten, jedoch ein jeder auf seine Weise. Drum schneidet euch tief ins eigene Fleisch! Ertränkt euch in Eurem eigenen Blut! Fresst mehr Wurst! Haltet aus! Das Verderben naht! Ich liebe euch doch alle! Im Gleichschritt marsch! Alles geht in den Arsch! Alles wird besser! Und ab.


Erstes Kapitel

Die Kripo ging von Selbstmord aus und so sah es aus. Aber sie bezweifelte das, denn sie hegte Zweifel. Zwölf Tote in drei Tagen. Alle waren durch Gabelstiche im Rückenbereich gestorben. Laichende Leichen ohne jeden Anflug von neopathetischem Schnickschnack. Allein heute ein LKW-Psychiater, ein 200 Kg schwerer Getränkeschlosser, eine Schaufensterpuppe und eine junge Aldi-Kassiererin, die aussah wie Christina Aguilera, aber ganz anders und mit Bart. Sie schliefen auf den Seziertischen, das kalte Licht störte sie nicht. Es gab keine Anzeichen dafür, dass sie gegen ihren Willen gestorben waren. Dabei hatte sie sich Mühe gegeben. Frustrierend, Gerichtsmedizin. Abgehangenes Fleisch, Fleischbrei, drin rumrühren, Innereien, Naturdarm, Haarprobe, Brotwurst, Bürzel undsoweiter. Ein Computer brannte. Schwerer Ausnahmefehler. Ungültiger Vorgang. Die Anwendung wird geschlossen. Feierabend. Sie nahm einen großen Schluck aus einer mit Whisky gefüllten Wärmflasche, so dass sie husten musste, während ihr Vorgesetzter, Professor Käsebier, Leiter des Forensischen Instituts, den Leichen wie üblich die Lebern entnahm und sie in Plastiktüten packte, um sie zuhause von seiner Haushälterin lecker mit Zwiebeln, Kartoffelpüree und Apfelmus zubereiten zu lassen. Er hatte sie mal zu sich zum Essen eingeladen. Sie nahm noch einen Schluck und zog sich dann ihren Mantel an. Draußen regnete es in Strömen aus den tiefhängenden, dunkelgrünen Wolken. Und das schon seit Wochen. Sie interessierte sich nicht für das Flackern des Neonlichtes. Das Institut, ein gewöhnlicher, von Kameras beäugter Container. Es roch nach fauligem Laub. Ein einsamer alter Kontrabassspieler spielte auf einer Flöte erbärmliche Weisen und die Schweine im benachbarten Schlachthof quiekten traurig dazu und die Rinder tanzten und taumelten. Deutscher Herbst. Sie nahm den Bus. Was sollte sie machen? Er fiel ihr ein. Ein Freund und Privatdetektiv mit Spezialisierung auf entlaufene Meerschweinchen. Nein. Er war nicht ganz sauber. Sammelte Radkappen, Wulsthauben und tiroler Schrumpfköpfe und massakrierte in seiner Freizeit streunende Hunde mit einer Panzerfaust. Obskur. Aber die Meerschweinchen fand er immer. Ja doch. Noch heute wollte sie ihm einen Besuch abstatten.

Peng, Pech gehabt. Im Fernsehen spielten sie russisch Roulette. Derjenige der von den zehn Kandidaten überlebte, gewann 10 Milliarden. 10 Milliarden, vielleicht sollte er sich auch mal dafür bewerben. Vor fünf Wochen hatte er seinen letzten Fall gehabt. Einer alten Dame war ein Meerschweinchen entlaufen. Er hatte es gesucht. Das hatte er natürlich nicht getan. Wofür gab es schließlich ein Zoogeschäft direkt um die Ecke? Er hatte wie immer für 60 Mark ein neues Meerschweinchen gekauft und dann 400 Mark Aufwandsentschädigung und 300 Mark Erfolgsprämie kassiert. Seitdem wartete er auf einen neuen Auftrag. Sah fern, lugte aus dem Fenster, schoss streunende Hunde ab, wenn er welche sah, lauter Krimkrams, traurig. Aber mit diesem Fall von aufgegabelten Menschen wollte er nichts zu tun haben. Zu heikel und außerdem was sprang da für ihn heraus? "Publicity" hatte sie gestern Abend gehaucht, wenn er den Fall löse. Er hatte keine Ahnung, wie und Zinnober. Auf dem Dach des gegenüberliegenden Klärwerks forschte eine schwarze lesbische Katze nach Mäusen. Sein Magen rumpelte. Der Kühlschrank war implodiert, im Kochtopf gab es drei Monate alte Speisereste mit interessanten Schimmelpilzkulturen zu bewundern, in der Pfanne lümmelte ranziges Oktoberfett rum. Er sah, dass das Telefon surrte. Sollte er jetzt rangehen oder später? Er zog sich seinen Mantel an und seine Tarnkapuze auf, um eine Imbissbude aufzusuchen. Kalte matschige Pommes mit Erdnusscreme für einsfuchzich. Es regnete, wenn auch nicht mehr so stark wie gestern. Obskure Indianer in Kriegsbemalung schlichen um ihn herum ohne zu husten. An den Straßenecken lungerten aidsverseuchte minderjährige Billighuren rum, ungewaschen, frierend, bleich und mager wie Magerfleisch, nein magerer. Manche kotzten. Die Müllabfuhr kümmerte sich um erfrorene Obdachlose. Einige Autos fuhren auf der Straße, auch rote. Das Telefon klingelte nicht mehr, als er zurückkam. Das war seltsam. Wahrscheinlich hatte ihn jemand reinlegen wollen. Gedankenlos fütterte er seine käsefressende Fleischpf anze mit Frikadellen und seinen Blutegel Gudrun mit Eukalyptusbonbons. Er beschloss zum Güterbahnhof zu hoppeln um den Güterzügen zuzugucken. Aber er machte eine Rolle rückwärts, denn das Telefon summte abermals und diesmal wollte er nichts dem Zufall überlassen, sondern den Anderen überraschen, indem er gleich ranging. Auf frischer Tat ertappen nennt man's auch in der Fachsprache. Er schlich sich an und es war sie. Sie teilte ihm mit, dass heute über 30.000 Menschen von Gabeln erstochen aufgefunden worden seien. Das beunruhigte ihn. Er rieb sich die Nase. Wenn das so weiterging, rechnete er nach, würde es bald keinen Menschen mehr geben. Er bemerkte, dass er eine fürchterliche Erektion hatte. Vielleicht also sollte er doch mal was unternehmen. Er hatte auch eine Idee. Er ging zum Zoogeschäft, aber dort angekommen fand er's doch keine so gute Idee und er ließ es bleiben. Stattdessen beschloss er, ans Meer zu fahren um sich zu erholen und er fuhr ans Meer. Das Meer war menschenleer bis auf ein paar Menschen. Ein einsamer alter Flötenspieler spielte am Strand auf einem Kontrabass erbärmliche Weisen, ein Eisverkäufer verkaufte rosa Koks an fiktive Kinder und Trainer. Er kaufte auch was von dem Zeug. Schmeckt nach Vanille. Vielleicht isses auch Tiermehl. Er haute dem Verkäufer auf die Nase. Es ist nämlich verboten, so was zu verkaufen. Der Verkäufer weinte und starb. Nun ja, Strafe muss eben sein. Die Flut kam. Es geschah weiter nichts. Eine mit Krummsäbeln bewaffnete Horde sodomitischer Skinheads versuchte ihn zu skalpieren, doch innerhalb weniger Minuten hatte er die Lage überblickt und kam ihnen mit seiner Panzerfaust zuvor und so lagen sie da, hingefetzt im roten Sand und sonnten sich im Regen wie Fötusse und Quallen. Alles Firlefanz. Er grübelte gedankenversunken. Standen die Skinheads etwa hinter der Mordserie? Nein, wahrscheinlich hatte jemand die Skins auf ihn gehetzt, um ihn auf eine falsche Fährte zu locken. Raffiniert, doch so leicht ließ er sich nicht täuschen. Er war ja ein gewitzter Rüde. Wer aber stand dann dahinter? Vielleicht die Rosenkreuzer? Oder aber mongolische Reiterhorden? Oder ein Dämon aus der Hölle? Am Ende gar er selbst? Der Fall erschien ihm immer vielschichtiger und glamoureuser. Fortsetzung folgt vielleicht.


 
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