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Fortsetzungsgrimmi
Prolog
O Ihr Menschen aufgepasst! Veränderung ist Illusion! Wir alle sind Idioten,
jedoch ein jeder auf seine Weise. Drum schneidet euch tief ins eigene
Fleisch! Ertränkt euch in Eurem eigenen Blut! Fresst mehr Wurst! Haltet
aus! Das Verderben naht! Ich liebe euch doch alle! Im Gleichschritt
marsch! Alles geht in den Arsch! Alles wird besser! Und ab.
Erstes Kapitel
Die Kripo ging von Selbstmord aus und so sah es aus. Aber sie bezweifelte
das, denn sie hegte Zweifel. Zwölf Tote in drei Tagen. Alle waren durch
Gabelstiche im Rückenbereich gestorben. Laichende Leichen ohne jeden
Anflug von neopathetischem Schnickschnack. Allein heute ein LKW-Psychiater,
ein 200 Kg schwerer Getränkeschlosser, eine Schaufensterpuppe und eine
junge Aldi-Kassiererin, die aussah wie Christina Aguilera, aber ganz
anders und mit Bart. Sie schliefen auf den Seziertischen, das kalte
Licht störte sie nicht. Es gab keine Anzeichen dafür, dass sie gegen
ihren Willen gestorben waren. Dabei hatte sie sich Mühe gegeben. Frustrierend,
Gerichtsmedizin. Abgehangenes Fleisch, Fleischbrei, drin rumrühren,
Innereien, Naturdarm, Haarprobe, Brotwurst, Bürzel undsoweiter. Ein
Computer brannte. Schwerer Ausnahmefehler. Ungültiger Vorgang. Die Anwendung
wird geschlossen. Feierabend. Sie nahm einen großen Schluck aus einer
mit Whisky gefüllten Wärmflasche, so dass sie husten musste, während
ihr Vorgesetzter, Professor Käsebier, Leiter des Forensischen Instituts,
den Leichen wie üblich die Lebern entnahm und sie in Plastiktüten packte,
um sie zuhause von seiner Haushälterin lecker mit Zwiebeln, Kartoffelpüree
und Apfelmus zubereiten zu lassen. Er hatte sie mal zu sich zum Essen
eingeladen. Sie nahm noch einen Schluck und zog sich dann ihren Mantel
an. Draußen regnete es in Strömen aus den tiefhängenden, dunkelgrünen
Wolken. Und das schon seit Wochen. Sie interessierte sich nicht für
das Flackern des Neonlichtes. Das Institut, ein gewöhnlicher, von Kameras
beäugter Container. Es roch nach fauligem Laub. Ein einsamer alter Kontrabassspieler
spielte auf einer Flöte erbärmliche Weisen und die Schweine im benachbarten
Schlachthof quiekten traurig dazu und die Rinder tanzten und taumelten.
Deutscher Herbst. Sie nahm den Bus. Was sollte sie machen? Er fiel ihr
ein. Ein Freund und Privatdetektiv mit Spezialisierung auf entlaufene
Meerschweinchen. Nein. Er war nicht ganz sauber. Sammelte Radkappen,
Wulsthauben und tiroler Schrumpfköpfe und massakrierte in seiner Freizeit
streunende Hunde mit einer Panzerfaust. Obskur. Aber die Meerschweinchen
fand er immer. Ja doch. Noch heute wollte sie ihm einen Besuch abstatten.
Peng, Pech gehabt. Im Fernsehen spielten sie russisch Roulette. Derjenige
der von den zehn Kandidaten überlebte, gewann 10 Milliarden. 10 Milliarden,
vielleicht sollte er sich auch mal dafür bewerben. Vor fünf Wochen hatte
er seinen letzten Fall gehabt. Einer alten Dame war ein Meerschweinchen
entlaufen. Er hatte es gesucht. Das hatte er natürlich nicht getan.
Wofür gab es schließlich ein Zoogeschäft direkt um die Ecke? Er hatte
wie immer für 60 Mark ein neues Meerschweinchen gekauft und dann 400
Mark Aufwandsentschädigung und 300 Mark Erfolgsprämie kassiert. Seitdem
wartete er auf einen neuen Auftrag. Sah fern, lugte aus dem Fenster,
schoss streunende Hunde ab, wenn er welche sah, lauter Krimkrams, traurig.
Aber mit diesem Fall von aufgegabelten Menschen wollte er nichts zu
tun haben. Zu heikel und außerdem was sprang da für ihn heraus? "Publicity"
hatte sie gestern Abend gehaucht, wenn er den Fall löse. Er hatte keine
Ahnung, wie und Zinnober. Auf dem Dach des gegenüberliegenden Klärwerks
forschte eine schwarze lesbische Katze nach Mäusen. Sein Magen rumpelte.
Der Kühlschrank war implodiert, im Kochtopf gab es drei Monate alte
Speisereste mit interessanten Schimmelpilzkulturen zu bewundern, in
der Pfanne lümmelte ranziges Oktoberfett rum. Er sah, dass das Telefon
surrte. Sollte er jetzt rangehen oder später? Er zog sich seinen Mantel
an und seine Tarnkapuze auf, um eine Imbissbude aufzusuchen. Kalte matschige
Pommes mit Erdnusscreme für einsfuchzich. Es regnete, wenn auch nicht
mehr so stark wie gestern. Obskure Indianer in Kriegsbemalung schlichen
um ihn herum ohne zu husten. An den Straßenecken lungerten aidsverseuchte
minderjährige Billighuren rum, ungewaschen, frierend, bleich und mager
wie Magerfleisch, nein magerer. Manche kotzten. Die Müllabfuhr kümmerte
sich um erfrorene Obdachlose. Einige Autos fuhren auf der Straße, auch
rote. Das Telefon klingelte nicht mehr, als er zurückkam. Das war seltsam.
Wahrscheinlich hatte ihn jemand reinlegen wollen. Gedankenlos fütterte
er seine käsefressende Fleischpf anze mit Frikadellen und seinen Blutegel
Gudrun mit Eukalyptusbonbons. Er beschloss zum Güterbahnhof zu hoppeln
um den Güterzügen zuzugucken. Aber er machte eine Rolle rückwärts, denn
das Telefon summte abermals und diesmal wollte er nichts dem Zufall
überlassen, sondern den Anderen überraschen, indem er gleich ranging.
Auf frischer Tat ertappen nennt man's auch in der Fachsprache. Er schlich
sich an und es war sie. Sie teilte ihm mit, dass heute über 30.000 Menschen
von Gabeln erstochen aufgefunden worden seien. Das beunruhigte ihn.
Er rieb sich die Nase. Wenn das so weiterging, rechnete er nach, würde
es bald keinen Menschen mehr geben. Er bemerkte, dass er eine fürchterliche
Erektion hatte. Vielleicht also sollte er doch mal was unternehmen.
Er hatte auch eine Idee. Er ging zum Zoogeschäft, aber dort angekommen
fand er's doch keine so gute Idee und er ließ es bleiben. Stattdessen
beschloss er, ans Meer zu fahren um sich zu erholen und er fuhr ans
Meer. Das Meer war menschenleer bis auf ein paar Menschen. Ein einsamer
alter Flötenspieler spielte am Strand auf einem Kontrabass erbärmliche
Weisen, ein Eisverkäufer verkaufte rosa Koks an fiktive Kinder und Trainer.
Er kaufte auch was von dem Zeug. Schmeckt nach Vanille. Vielleicht isses
auch Tiermehl. Er haute dem Verkäufer auf die Nase. Es ist nämlich verboten,
so was zu verkaufen. Der Verkäufer weinte und starb. Nun ja, Strafe
muss eben sein. Die Flut kam. Es geschah weiter nichts. Eine mit Krummsäbeln
bewaffnete Horde sodomitischer Skinheads versuchte ihn zu skalpieren,
doch innerhalb weniger Minuten hatte er die Lage überblickt und kam
ihnen mit seiner Panzerfaust zuvor und so lagen sie da, hingefetzt im
roten Sand und sonnten sich im Regen wie Fötusse und Quallen. Alles
Firlefanz. Er grübelte gedankenversunken. Standen die Skinheads etwa
hinter der Mordserie? Nein, wahrscheinlich hatte jemand die Skins auf
ihn gehetzt, um ihn auf eine falsche Fährte zu locken. Raffiniert, doch
so leicht ließ er sich nicht täuschen. Er war ja ein gewitzter Rüde.
Wer aber stand dann dahinter? Vielleicht die Rosenkreuzer? Oder aber
mongolische Reiterhorden? Oder ein Dämon aus der Hölle? Am Ende gar
er selbst? Der Fall erschien ihm immer vielschichtiger und glamoureuser.
Fortsetzung folgt vielleicht.
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